
Das Weinbergshäuschen ziert seit 1853 den Hang der Landskrone.
Es ist ein Wahrzeichen von Heimersheim: Das Weinbergshäuschen am Fuße der Landskrone, direkt an der Bundesstraße 266 gelegen. Unscheinbar und auffallend zugleich. Doch auch wenn das „Tempelchen“ recht klein ist, kann es auf eine spannende Geschichte zurückblicken: „Als im aufkommenden Industriezeitalter eine Welle der Nostalgie erwachte, entsann man sich der historischen Bauten“, berichtete Dieter Bahles im Jahr 1988 im Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler. So muss es auch Wilhelm C. Brohl umgesetzt haben, als er 1853 den Zugang seines Weinkellers mit einem Häuschen im Stil eines römischen Tempels krönte.
Vier Säulen tragen das Dreieck des Vordaches und geben der Front in Verbindung mit rundbogigen Fenstern und einer ebenso geformter Eingangstür ihr markantes Aussehen. Zwischen den Säulen schützt ein metallenes Gitter aus der Sayner Eisenhütte vor gefährlichen Fehltritten – die heute einen Absturz auf die unmittelbar vorbeiführende Bundesstraße 266 zur Folge haben könnte.
Im Laufe der Jahre wechselte das Weinbergshäuschen den Eigentümer, erlebte als Sommersitz eine kurze Blütezeit und versank danach in Vergessenheit. Mitunter richteten sich ungebetene Gäste ein und der kleine Tempelbau verkam zunehmend. Fast wäre er in den 1980er Jahren im Rahmen der Weinbergsflurbereinigung – aus Sicherheitsgründen – abgerissen worden, wenn nicht der Heimersheimer Weingutsbesitzer Berthold Linden die Initiative ergriffen hätte. Er kaufte das Häuschen, um es in Absprache mit Stadt, Kreis und Denkmalsbehörde zu restaurieren und einer weinnahen Nutzung zuzuführen.
Säulen und Dach wurden ausgebessert und restauriert, Putz, Fenster und Türen erneuert. Der alte Torbogen konnte wieder eingesetzt werden. Die Inschrift auf dem Bogen deutet auf den ursprünglichen Erbauer Wilhelm C. Brohl hin. Doch trotz viel Engagement und dem Einsatz von Materialien, die dem ursprünglichen Zustand entsprachen, konnte das Konzept nicht umgesetzt werden. Vermutlich waren Denkmalpflege und Vorgaben für einen Gastronomiebetrieb in der kleinen Räumlichkeit nicht auf einen Nenner zu bringen. Seither ist das Winzerhäuschen – zwar wieder in gutem Zustand – zum zweiten Mal in eine Art Dornröschenschlaf gefallen.
Dass der kleine Tempel immer wieder im öffentlichen Interesse steht, zeigt eine aktuelle Reportage in der Rhein-Zeitung vom 4. Juni. Der Journalist Jochen Tarrach hatte sich gemeinsam mit Herbert Linden, der das Anwesen von seinem Vater Berthold übernommen hatte, zur Besichtigung aufgemacht und dabei auch die alten Katakomben direkt unter dem Häuschen erkundet: „Regelrecht unheimlich ist es, den Keller nur mit einer Taschenlampe ausgerüstet zu betreten. Die vor Jahrzehnten angelegten elektrischen Leitungen sind längst nicht mehr funktionstüchtig. Alte Weinfässer, teilweise bereits zerfallen, liegen überall herum, und noch gruseliger ist es, am Ende des Kellers den engen Tunnel zu betreten, der irgendwo im Nichts endet.“
Der in den Felsen getriebener Weinkeller reicht zunächst 27 Meter in den Berg, um dann nach links in einen 40 Meter langen Stollen zu münden, wie der Autor Dieter Bahles im seinem Beitrag für das Heimatjahrbuch 1988 zu berichten weiß. Die Anlage war demnach nicht nur als Weinkeller genutzt worden, sondern auch als Schutzraum im Zweiten Weltkrieg. Vermutlich sollte der lange Stollen als Notausgang bis zum Steinbruch führen, der damals direkt gegenüber dem Bahnhof lag. Leider wissen nur noch wenige ältere Heimersheimer aus dieser Zeit zu berichten, und Details sind in diesem Zusammenhang nicht festgehalten.
Erhalten bleibt jedoch auch weiterhin der Weinbergstempel – als kunsthistorisch interessantes Bauwerk, woran sich Einheimische wie Gäste des Ahrtals erfreuen. Das hat vor über 70 auch schon Paul Clemen getan: Der aus Leipzig stammender Kunsthistoriker und Provinzialkonservator der Rheinprovinz hielt das „klassizistische Weinbergshaus“ für so bedeutend, dass er es in seinem 1938 erschienenen Doppelband „Die Kunstdenkmäler des Kreises Ahrweiler“ mit aufnahm.